Historie des Leineverbandes

Der Leineverband wurde am 28. August 1958 gegründet, dennoch reichen die Wurzeln des Leineverbandes in frühere Zeit zurück. Wie in anderen Flussgebieten setzten auch im Verbandsgebiet Mitte des 19. Jahrhunderts erste systematische Regelungsarbeiten ein. Die Gesellschaft verlangte zunehmend Schutz gegen das Wasser im Übermaß und Nutzung des Wassers für Versorgung, Verkehr und Energieerzeugung. Waren die Gewässer bis dahin gekennzeichnet durch vielfache Verzweigungen, Mäandrierung, Auwälder, ausgedehnte Überschwemmungsflächen und eine hohe Eigendynamik; hatte die zunehmende Ansiedlung von Bevölkerung, Industrie und Gewerbe an den Flussläufen sowie die Forderung nach sicheren Ackerflächen die Begradigung der Gewässer zur Folge. Heute wissen wir, dass die gewässerverändernden Maßnahmen vielschichtige nachteilige Auswirkungen hatten: Eine Erhöhung des Feststofftransportes, die Eintiefung der Flussläufe, der Verlust von Retentionsflächen und Lebensräumen für Tiere und Pflanzen sowie die Beschleunigung der Hochwasserabläufe sind hier zu nennen. Vor allem Letzteres hat die Menschen im Harzvorland sowie im Leineeinzugsgebiet auch aufgrund der naturräumlichen Situation immer beschäftigt.

Die Erkenntnis, dass ein abgestimmtes Vorgehen innerhalb des gesamten Flussgebietes zur Beherrschung der Situation notwendig ist und die Tatsache, dass zuverlässige und vollständige wassertechnische und wasserwirtschaftliche Unterlagen für das Flussgebiet fehlen, führte 1897 zur Gründung der Deutschen Talsperren- und Wasserkraftverwertungsgesellschaft mbH sowie 1905 zur Entstehung der Gesellschaft für Wasserwirtschaft im Harze. Diese begann in Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Gewässerkunde durch den Aufbau eines Messnetzes mit systematischen Untersuchungen der Wassermengen und ihres Abflussvorganges im Flussgebiet der Leine.

Als Vorläufer des Leineverbandes kann die im Jahr 1912 gegründete Leine-Abteilung der Gesellschaft für Wasserwirtschaft im Harze angesehen werden. Es vereinigten sich in ihr ca. 100 Mitglieder, Kreisausschüsse, Stadtverwaltungen, Handelskammern, Landwirtschaftskammer, Gewerkschaften, land- und forstwirtschaftliche sowie industrielle Vereine, Industriebetriebe und Einzelpersonen – durchaus ähnlich der Mitgliederstruktur des Leineverbandes. Die Bestrebungen dieser Abteilung bestanden darin, ich zitiere aus einem Brief der Leine-Abteilung aus dem Jahr 1913 „…die sämtlichen industriellen und landwirtschaftlichen Interessen an der zweckmäßigsten Gestaltung der wasserwirtschaftlichen Verhältnisse der Leine und ihrer Zubringerflüsse zu gemeinsamem und gegenseitigem Schutze zusammenzuschließen, andererseits praktische Arbeit zu leisten, welche die mit dem jetzigen ungeregelten oder mangelhaft geregelten Wasserabflusse verbundenen Schäden beseitigen sollen.“

Eindeutig im Mittelpunkt der Arbeiten standen damals die Verbesserung der Hochwasserabflussverhältnisse und der Wasserrückhalt im Harz. Zunächst wurden Überschwemmungsgebiete der Leine festgesetzt. In der Folge wurde 1926 der Westharztalsperrenentwurf aufgestellt, welcher neben dem Bau von Talsperren auch die Anlage von Hochwasserrückhaltebecken und die Durchführung von Flussregulierungen vorsah. Um diese Ziele zu realisieren, wurden umfangreiche Unterlagen für eine wasserwirtschaftliche Regulierung des Leinetals sowie der Zuflüsse zusammengestellt. Allerdings geriet die Durchführung von Maßnahmen immer wieder in Verzug und erst nach dem zweiten Weltkrieg wurde sich der wasserwirtschaftlichen Mängel im Leinegebiet wieder angenommen. Die Hochwasser in den ersten beiden Nachkriegswintern führten zu anfänglichen Überlegungen einer Verbandsgründung und das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten begann mit Vorarbeiten. Grundlage für die Gründung sollte ein wasserwirtschaftlicher Generalplan für das Leinegebiet sein. Das Land Niedersachsen beschloss, einen solchen erarbeiten zu lassen: Es wurde die Vorarbeitenstelle für die Leineregulierung eingerichtet. Diese stellte die Unterlagen für die Gründung des Leineverbandes zusammen – der Generalplan war im Mai 1953 aufgestellt - und stand auch nach der Gründung für die Planung und Durchführung seiner Maßnahmen zur Verfügung. Als Gründungsbehörde für den Leineverband wurde am 15. Oktober 1955 der Regierungspräsident von Hildesheim bestimmt. Die vorgesehenen Mitglieder - Landkreise, Gemeinden, gewerbliche, industrielle und sonstige Unternehmen, Bundesbahn, Forst- und Straßenbauverwaltung – berieten über die Gründung des Leineverbandes in ihren Gremien. Ein Arbeitsausschuss der Landwirtschaftskammer zur Vorbereitung der Verbandsgründung unter dem Vorsitz des Kammer- und Landvolkpräsidenten Rehwinkel erarbeitete Entwürfe einer Satzung und der Veranlagungsregeln. Am 28.8.1058 war es dann so weit: Auf der ersten Verbandsversammlung, die in Hildesheim stattfand, wurde die Satzung genehmigt und entsprechend veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt bestehende Einwendungen gegen eine Mitgliedschaft konnten auf dem Verhandlungswege später ausgeräumt werden. Nach Wahl von Vorstand und Ausschuss auf der ersten Verbandsversammlung fand die erste Vorstandssitzung am 30. Januar 1959 statt.

Leine bei Freden 1955 (links) und Böschungsfußsicherung 1951 (rechts).