Ökologische Durchgängigkeit

Querbauwerke an Gewässern dienen bis in heutige Zeit zur Nutzung der Wasserkraft zur Energieerzeugung. In früherer Zeit war auch die Nutzung an kleineren Gewässern rentabel, da die Anlagen häufig nur saisonal eingesetzt wurden (Schleifmühlen, Mahlmühlen, Sägewerksmühlen etc.). Das hatte zur Folge, dass unter Umständen nur temporär, während des Mühlenbetriebs, die Durchgängigkeit des Gewässer unterbunden wurde und ansonsten das Fließgewässer seinen natürlichen Lauf nahm. Mit der zunehmenden Industrialisierung und der heutigen Nutzung fast ausschließlich zur Energiegewinnung, zur Einspeisung und zum Eigenverbrauch, sind Wasserkraftanlagen nur rentabel, wenn diese dauerhaft betrieben werden. Dies bedeutet für das Fließgewässer eine dauerhafte Beeinträchtigung der Durchgängigkeit mit allen negativen Folgen für die Gewässerfauna, sowohl für Fische als auch für Wirbellose. Zudem ist die natürliche Geschiebefracht der Gewässersohle gestört und fließgewässertypische Lebensräume können sich in den Rückstaubereichen nicht ausbilden.

Aus dem gesetzlichen Auftrag der Pflege und Entwicklung und den Zielen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie ergibt sich für den Leineverband das Bemühen, Unterbrechungen der Durchgängigkeit, wenn möglich, aufzuheben. Dem stehen bestehende Wasserrechte und Nutzungen entgegen. Zugleich ist eine Finanzierung allein aus Beitragsmitteln für den Leineverband nicht vertretbar. Gleichwohl ergibt sich aus dem Rückbau von Wehren und der Aufhebung von Rückstaubereichen unter anderem dann ein Vorteil, wenn in ihrer Standfestigkeit beeinträchtigte Wehranlagen wegzubrechen und in das Gewässerprofil zu stürzen drohen.

Seit Mitte der 1990er Jahre ist der Leineverband dabei, an seinen Gewässern die ökologische Durchgängigkeit herzustellen, wenn die Möglichkeit dazu besteht. Es wurden vor allem Wehre bzw. Abstürze in raue Sohlgleiten in geschütteter Bauweise umgestaltet. So konnten z.B. die Bewer komplett und die Garte bis auf ein Hindernis durchgängig gemacht werden. Neben dem Rückbau und der Herstellung der Durchgängigkeit im Gewässerlauf besteht auch die Möglichkeit, ein Umgehungsgewässer zu bauen. Dies bedeutet allerdings immer einen Kompromiss hinsichtlich der Abflussverhältnisse. Die Bauweise ist dabei an die Ausführung als raue Sohlgleite angelehnt.



Prinzipskizze einer rauen Sohlgleite (Längsschnitt, oben) und Draufsicht (unten).

Umgehungsgewässer in der Leine im Bereich des Rittergutes Besenhausen, Gemeinde Friedland, Landkreis Göttingen während (links) und nach Bauausführung (rechts).

Raue Sohlgleite in der Rase bei Tiefenbrunn, Stadt Göttingen (links) und Rückbau einer Wehranlage in der Leine unterhalb Niedernjesa, Gemeinde Freidland vor (1990, oben rechts) und nach Bauausführung (2002, unten rechts).